KONFEKT UND KAFFEE FÜR DEN KÖNIG

Im Alter von 27 Jahren kostet August der Starke seine erste Tasse Kaffee, während eines Leipziger Messebesuchs im Frühjahr 1697. Wahrscheinlich aber kennt Friedrich August den Bohnenaufguß schon viel länger, mindestens seit seiner Kavalierstour zwischen 1687 und 1689 durch Europa. Die heißen Aufputschmittel von Kaffee-, Tee- und Kakaobaum kommen zu dieser Zeit gerade richtig in Mode. Exotisches klingt im Namen der "ausländischen frembden Schlürff-Träncken ... Thée, Caffe, Choquolade" mit.

 

Da ist ihre dunkle, geheimnisvolle Erscheinung. Erdig die Schokolade, fast schwarz der Kaffee und bernsteinbraun leuchtend der Tee. Die Früchte und Blätter kommen von weit her, aus den fernen Welten anderer Königreiche, Sultanate und Kontinente. Sie sind teuer, edel, exotisch. Ein Gift, wie die Ärzte meinen. Das zum Leben erweckt, wie die Kaffee-, Tee- und Schokoladentrinker rühmen. Der Geruch der Flüssigkeiten ist dem hiesiger Getränke gänzlich fremd. Kein Wein und kein Bier duften so kräftig, kaum ein Kräuteraufguss so verlockend aromatisch und erst recht keine Suppe, die bislang das Morgenmahl bestimmt.

Kaffee,

 

Schokolade oder Tee gibt es in den fürstlichen Residenzen oft zu einer eigenen Stunde in eigens ausstaffierten Salons. Das aufwendige Zeremoniell drumherum wird illustriert durch die handgemalten Motive auf den kostbaren Tassen und Kannen, Dosen und Löffeln. Die fremde Kultur und das andersartige Aussehen der Menschen in Asien reizen die Künstler des Barock besonders. Sogenannte Chinoiserien zeigen schnurrbärtige Asiaten und hübsche Asiatinnen in knöchellangen roten, blauen oder violetten Gewändern. Das Leben der Menschen im fernen Morgenland wird auf den Trinkgefäßen zum traumhaften Märchen stilisiert. Die filigranen Bildmotive bestehen aus Palmen, Seidenfächern und Hafenszenen, die an der fürstlichen Kaffeetafel wohlige Sehnsüchte an das unbeschwerte Leben unter fremdem Firmament erwecken. Der aus den Tassen und Kannen langsam aufsteigende Dampf der Heißgetränke facht die Vorstellungskraft noch einmal besonders an. Die Formen werden als Geister und mythische Figuren gedeutet.

 

In Venedig, das auf den Prinzen während der Kavalierstour durch Europa einen besonders faszinierenden Eindruck macht, gibt es das Kaffeehaus "La bottega del caffé" unter den Markusplatz-Arkaden bereits seit 1647. Es ist eines der ältesten Kaffeehäuser Europas. In Hamburg sperrt etwa um 1677 ein holländischer Arzt die Pforten des ersten deutschen Kaffeehauses auf. Als 1694 in Leipzig die sächsische Kaffeehauszeit eingeläutet wird und später der Hof-Chocolatier Johannes Lehmann sein Lokal "Zum arabischen Coffe Baum" gründet, ist Friedrich August schon Kurfürst von Sachsen und muss sich nun nebenbei auch um den Ruf der Kaffeehäuser sorgen, der nicht der beste, aber dem derben Genießer August nicht unsympathisch ist.

 

Das "Caffée-Hauß" gilt als ein Ort, "da man zubereiteten Thée, Caffé, Chocolate, und daneben Brandte-Wein ... Bier, Wein und dergleichen mehr um billigen Preiß findet. Es giebet dergleichen fast in allen grossen ansehnlichen Städten, die aber nicht aller Orten nach dem Wohl der Mit-Bürger und Unterthanen eingerichtet", schreibt Chronist Zedler: "An manchen Orten sind sie die Gelegenheit zum Spielen, und andern verbotenen Gesellschafften, dahero die Fürsten und Obrigkeiten auf solche ein wachendes Auge haben sollen. An andern Orten geben sie Anlaß und Gelegenheit zu guten erbaulichen und gelehrten Gesprächen, vornehmen, nützlichen und angenehmen Bekanntschaften, auch die neusten Zeitungen zu lesen."

 

Der Kurfürst bleibt Kaffee und Co. lebenslang treu. Auch wenn er die dunklen Drei weniger innig liebt als Bier und Wein, so schätzt er doch das Elitäre und wohl auch das Umstrittene des Brühtrunks. Für Edles ist dem Herrscher nichts zu schade und selten etwas zu teuer. Denn kaum ist Friedrich August König von Polen, beginnt dessen talentiertester Goldschmied, der aus Biberach stammende Johann Melchior Dinglinger (1664 bis 1731), mit einem Kaffeezeug nie dagewesener Pracht.